Das liebe Vieh
Tiere spielen im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle. Nicht wenige von uns betrachten Hunde oder Katzen als vollwertige Familienmitglieder; mit diesen Tieren teilen wir unseren intimsten Lebensraum, wir planen sie in unseren Tagesablauf ein, scheuen keine Kosten und Mühen, um ihnen ein gesundes und artgerechtes Dasein zu ermöglichen und ihnen für ihre grenzenlose Loyalität und bedingungslose Zuneigung zu danken. Diese Tiere rufen wir beim Namen, wir sprechen mit ihnen, sind beeindruckt von ihrem Eigensinn, ihrer Lernfähigkeit und ihrem Auffassungsvermögen. Es zeichnet den Menschen aus, dass er anderen Individuen über die Gattungsgrenze hinaus ein so hohes Maß an Charakter, Individualität und Lebensqualität zugesteht.
Diese Sichtweise auf unsere Mitlebewesen macht jedoch jäh an einer unsinnigen Grenze halt, nämlich vor jener zwischen Haustieren und sogenannten Nutztieren. Nutztiere sind in unserer Gesellschaft lediglich zum Gebrauch bestimmt. Wir betrachten sie nicht als jemand, sondern als etwas, als Speis, Trank und Kleidung, als Konsumgut, das uns uneingeschränkt und unhinterfragt zur Verfügung steht. Der Grund für diese radikale Trennung zwischen Haus- und Nutztieren kann auf rationalem Wege nicht nachvollzogen werden; Schweine stehen Hunden in Intelligenz, Lernfähigkeit, Sozialverhalten und Freundlichkeit in nichts nach, weibliche Kühe pflegen wie alle Mütter eine innige Beziehung zu ihren Kälbern, Hühner leben in komplexen sozialen Strukturen zusammen, sie alle sind empfindsame Lebewesen mit Bedürfnissen. Warum glauben wir also, dass ein Pferd über mehr Persönlichkeit verfügt als eine Kuh, eine Katze mehr Zuneigung zu geben hat als ein Huhn und ein Hund mehr Recht auf ein gutes Leben hat als ein Schwein?
Zum einen haben wir von frühester Kindheit an gelernt, bestimmte Tiere als Freunde und wiederum andere als Nahrung zu betrachten. Dieses vermeintliche Wissen finden wir in unserer Gesellschaft tagtäglich bestätigt, wodurch es sich immer mehr in unseren Köpfen verfestigt. Derart starre Strukturen in unserem Denken lassen sich nicht von heute auf morgen durch neue Erkenntnisse ersetzen. Deshalb gelingt es uns relativ mühelos, saftigen Schweinebraten zu genießen, während wir uns empört darüber zeigen, dass in anderen Ländern Hunde auf der Speisekarte zu finden sind.
Zum anderen fällt es leicht, das tierische Leid, das durch unser Konsumverhalten verursacht wird, aus unserer konkreten Lebenswelt auszuklammern. Die wenigsten haben vermutlich den Weg eines Tieres von der Geburt bis zum Teller verfolgt, da sich dieser großteils hinter verschlossenen Türen abspielt. Zwar wissen viele Menschen vage über die grausamen Bedingungen in der konsumorientierten Tierhaltung Bescheid, oft fühlt man sich mangels konkreter Besserungsansätze und durch grausame Bilder jedoch emotional überfordert, sodass es näherliegt, die Thematik zu meiden, als sich differenziert damit auseinanderzusetzen.
Family möchte durch entsprechende Bildungsangebote Menschen für die Themen bewusste Ernährung, nachhaltige Lebensweise und Tierethik sensibilisieren.
Wir fordern mehr Transparenz beim Verkauf von Fleisch und tierischen Erzeugnissen durch klarere Kennzeichnung über Haltungsform und Herkunftsort sowie deutlich verbesserte Haltungsbedingungen für sogenannte Nutztiere, die über die im Tierschutzgesetz verankerten Mindestanforderungen hinausgehen, um Tieren ein artgerechtes Dasein zu ermöglichen. Außerdem wird der Verzicht von langen Tiertransporten angestrebt. Betriebe und Landwirte, die sich diesen Zielen verpflichten, sollen durch ein Fördersystem entsprechend entlohnt werden.
Wir sind ist der festen Überzeugung, dass wir heute schon an einer gerechteren Zukunft bauen können, wenn wir unser Vermögen, über unserer Gattungsgrenze hinaus mitzufühlen, stärken – oder um es mit den Worten des Staatsmannes Mahatma Gandhi zu sagen:
„Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.“
M.K. 18.Dezember 2017