Tücken des Wahlrechts

SO FUNKTIONIERT DEMOKRATIE IN TIROL (NICHT)!

FAMILY fordert Änderung des Wahlrechtes

Wenn man, wie Family – Die Tiroler Familienpartei, letztlich das Antreten zur Landtagswahl in allen Bezirken geschafft hat, könnte man leicht zur Tagesordnung übergehen und es sich verkneifen, der Bevölkerung die Tücken unseres Wahlrechtes zu schildern. Wir möchten das nicht tun, da es bei uns Bestimmungen gibt, die Gruppierungen wie uns auch in Zukunft treffen und die wir für äußerst undemokratisch halten.

Um zur Tiroler Landtagswahl in ganz Tirol antreten zu können, ist es notwendig, in jedem der neun Bezirke eine bestimmte Zahl von Unterstützungsunterschriften beizubringen. Diese Unterstützungsunterschriften können aber, anders als bei den Gemeinderatswahlen, nicht einfach in eine Liste eingetragen werden, die später von der Gemeinde überprüft wird, sondern hier muss der interessierte Wähler schon bei der Unterschriftsleistung auf die Gemeinde gehen und dort vor der Behörde unterschreiben (!) oder seine Unterschrift vor einem Notar leisten (kostenpflichtig- wir zahlten bis zu 15 Euro für eine Unterschrift!) und die wahlwerbende Gruppe muss sie dann der Gemeinde zur Bestätigung vorlegen, dass dieser Bürger in der Gemeinde gemeldet ist.

Das führt dazu, dass selbst interessierte Bürger die Unterschrift letztlich nicht leisten, weil ihnen diese Vorgangsweise zu mühsam ist. Zusätzlich ist es sogar so, dass uns viele Bürger erklärt haben, dass sie sich schlichtweg nicht trauen, bei der Gemeinde für eine Partei zu unterschreiben. Tatsächlich wurde uns dann auch berichtet, dass es durchaus einige fragwürdige Meldungen von Bürgermeistern und Gemeindebediensteten gegeben hat, warum man denn für diese oder jene Partei unterschreiben würde. Auch Kandidaten wurden dementsprechend angesprochen und ging oftmals das Gerücht um, dass man von der Gemeinde letztlich nichts mehr bekommen würde, wenn man hier für eine andere Partei unterschreiben würde. Das sind Zustände, die wir in Tirol sicher so nicht haben wollen. Selbst wenn die Bürgermeister unterschriftswillige Bürger in Wahrheit (hoffentlich) gar nicht benachteiligen, so sollte es ihnen doch zu denken geben, dass die Bürger das zumindest glauben.

Die Formalität, dass man dazu auf die Gemeinde gehen muss, kann man ausschließlich als Schikane bezeichnen, da nach Einbringung der Wahlvorschläge bei der Bezirkshauptmannschaft dort wiederum jede einzelne Unterschrift und alle maßgeblichen Daten des Unterstützers geprüft werden. Hausnummern werden so von der Bezirkshauptmannschaft korrigiert, Vornamen werden angepasst etc. Der Aufwand und die Hemmschwelle mit der Gemeinde ist also nur dadurch zu erklären, dass man gar nicht möchte, dass Bürger neue Parteien unterstützen.

Die im Landtag vertretenen etablierten Parteien benötigen diese Unterstützung nämlich nicht. Die Unterschrift von drei Abgeordneten reicht aus, um in ganz Tirol wieder kandidieren zu können. Das hat durchaus seine Berechtigung, man soll auch Scharlatane von der Kandidatur abhalten, dazu gibt es aber andere Mittel als solche Schikanen.

Die Zahl der Unterstützungsunterschriften ist auch völlig willkürlich. In einem Bezirk wie Landeck benötigt man 88 Unterstützungsunterschriften, in einem Bezirk wie Kufstein, der mehr als doppelt so viele Wahlberechtigte aufweist, lediglich 80 Unterschriften. In Landeck ist es also mehr als doppelt so schwierig, zu diesen Unterschriften zu kommen. Ist das nicht Verfassungswidrig? Begründet wird dies mit dem Gesetzeswortlaut, der die Wahlzahl als maßgebliche Größe ausweist, obwohl diese mit der Frage der Anzahl der Wahlberechtigen pro Bezirk überhaupt nichts zu tun hat.

Reine Jux-Kandidaturen kann man auch durch eine geringere Zahl von Unterschriften verlangt, die nicht beglaubigt sein müssen und die man dann nachträglich auf der Gemeinde prüft, wie das bei den Gemeinderatswahlen ja auch möglich ist. Außerdem bezahlt jede Gruppierung pro Bezirk € 300,00 für die Kandidatur, was in ganz Tirol immerhin die Summe von € 2.700,00 ausmacht und für eine reine Scherzkandidatur dann wohl auch zu viel wäre.

Die Tiroler Politik hat also dafür Sorge getragen, dass man möglichst unter sich bleibt. In der Regel haben nur etablierte Parteien die Möglichkeit, den Aufwand zu betreiben, um fast 1.000 Unterschriften zu sammeln. „Uns ist es gelungen, zwei Mandatare als Unterstützer zu gewinnen und rund 450 Unterschriften zu sammeln. Die Gesamtzahl hätten wir niemals schaffen können, dazu sind die gesetzlichen Regeln viel zu schikanös und vor allem auch die Zeit viel zu kurz. Über diese Themen muss man sprechen, ehe man das wieder vergisst und in 5 Jahren dann erklärt, jetzt kurz vor der Wahl sei es zu spät.“, so die Spitzenkandidatin Andrea Krumschnabel.

Auch der Wahltermin und die Verkürzung der Fristen in der letzten Novelle um rund 10 Tage trugen zum Problem bei. Die Frist für die Sammlung der Unterschriften begann erst am 28.11.2017 und endete bereits am 4.1.2018. Dazwischen lagen Weihnachten und Silvester, jedenfalls lauter arbeitsfreie Tage, an denen man gar nicht unterschreiben konnte! Zusätzlich hatten manche Gemeindeämter zwischen den Feiertagen teilweise geschlossen, was im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung, die Unterschrift vor der Gemeinde zu leisten (beim Notar laufen Kosten auf!) ein untragbarer Zustand ist. Bürger versuchen vielleicht einmal zu unterschreiben, ist das an diesem Tag nicht möglich, kommen sie nicht wieder! Will man das wirklich?

Wir fordern daher für die Zukunft demokratischere Regeln für die Abhaltung der Landtagswahlen, die es auch neuen Gruppierungen ermöglichen, zu zumutbaren Bedingung anzutreten, auch wenn sie es sich nicht leisten können, auf Kosten des Steuerzahlers bereits zu diesem Zeitpunkt einen enormen Aufwand zu betreiben. „Der Wähler soll entscheiden, wer in den Landtag kommt und nicht das Wahlgesetz bereits im Vorhinein eine Kandidatur verhindern!“ so Krumschnabel.